Interview zu Friends of Death

mit Franci Becker alias „Passionate Bookowl“ vom 01.07.2021

Franci: Herzlichen Glückwunsch zum neuen Buch, liebe Ela Bellcut und vielen Dank, dass Du hierher gefunden hast. Erzähl uns doch kurz etwas über Dich.
E.: Hallo, danke, dass ich mich vorstellen darf. Also, ich bin Ela Bellcut, 1989 geboren, gelernte Fotografin, wohne mit meiner Katze in Hamburg und bin ein laufendes kreatives Chaos. Mithilfe von To-do-Listen sowie diversen Notizbüchern versuche ich, mein Leben zwischen Brotjob und Autorinnenleben zu händeln. Tja, das gelingt sehr durchwachsen.

F.: Nimmst Du Dir denn Auszeiten?
E.: Oh ja, Selfcare ist mir sehr wichtig. Am liebsten ziehe ich mich hierfür ins Grüne zurück, treffe Freunde oder tauche ab in meine Ideenwelt.
F.: Wie kam es denn zum Schreiben?
E.: Meine schriftstellerische Tätigkeit habe ich mit Gedichten, Kurzgeschichten und Texten als Filmkritikerin für eine Online Plattform begonnen. Heute kann ich voller Stolz sagen, dass „Friends of Death“ bereits mein drittes Buch ist.

F.: Es ist immer so selten jemanden hier zu haben, der sich a) bewusst Auszeiten nimmt und b) von sich aus erwähnt, dass er stolz ist! Finde ich sehr klasse! Beides ist so unheimlich wichtig. Welche Bücher sind denn bisher von Dir erschienen?
E.: Im Juni 2019 ist bei Twentysix der 1. Teil meiner Urban-Fantasy/Romantasy- Reihe „Aderunita – das Seelenband“ erschienen. Der 2. Teil „Aderunita – die Lichtelfen“ erschien im Juni 2020. Und im Oktober erscheint die Anthologie „Damit“ von Magret Kindermann , bei der ich vertreten bin.

F.: Wann begann das Schreiben?
E.: Ich begann bereits als Jugendliche zu schreiben. Sowohl die Grundidee für „Aderunita – das Seelenband“, wie auch für „Friends of Death“ entstand im Alter von circa sechzehn. Beendet habe ich meinen ersten Roman allerdings erst Jahre später.

F.: Und gab es einen bestimmten Punkt, eine aussagekräftige Inspiration die Dich letztendlich dazu brachte, das Geschriebene zu veröffentlichen?
E.: Der Wendepunkt war ein gesundheitlicher Einschnitt, der mir bewusst gemacht hat, dass es ein „bald“ vielleicht nicht immer gibt. Sprich: Wenn ich etwas erträume oder gern machen will – dann muss ich es jetzt machen und nicht immer vor mir herschieben. Seitdem „arbeite“ ich meine Löffelliste ab und versuche mein Leben jeden Tag bewusst zu genießen!

F.: Das klingt sehr bedeutend. Hast Du Dich bewusst für das Selfpublishing entschieden?
E.: Ja. Ich bin ein ziemlich ungeduldiger Mensch. Als ich mit meinem 1. Manuskript fertig war, fing ich an, mich mit der Buchbubble auseinander zu setzen. Damals schickte ich zehn Bewerbungen an Großverlage raus, ohne zu wissen, dass eine Erfolgschance ähnlich wie ein Lottogewinn ist. Das kostete bereits ein Jahr. Als ich dann von Kleinverlagen, Agenturen und Selfpublishing erfuhr, entschied ich mich direkt für Selfpublishing. Ich wollte es selbst in die Hand nehmen und endlich „loslegen“, um mir meinen Traum zu erfüllen!

F.: Sehr taff! Wieso hast Du ein Pseudonym (ich hoffe, dass ich richtig liege 😅) gewählt?
E.: Hier überlegte ich zwar sehr lange, entschied mich dann aber berufsbedingt dafür. Ich wollte mein Autorinnen- und Privatleben trennen. Tatsächlich bin ich mit meinem Klarnamen / privat gar nicht auf Social Media vertreten, sondern nur als Autorin, denn ich möchte bestimmte Elemente meines Lebens nicht mit der Öffentlichkeit teilen. Ein Pseudonym war die einfachste Lösung.

F.: Heute erscheint Dein neuer Roman – erzähl uns bitte etwas darüber.
E.: „Friends of Death“ ist ein Romance-Roman, aber einen Hauch Fantastik konnte ich mir nicht verkneifen. Es geht vor allem um Tod, Verlust, Depressionen, die Suche nach dem eigenen Halt und um die Frage: Wenn man in einem depressiven Loch steckt, können andere Menschen einen dann dort herausholen? Übrigens sind die Protagonisten keine Jugendlichen, sondern 18-22 Jahre, gerade zwischen Abi und „was will ich werden“.

F.: Wieso diese tiefsinnigen Themen?
E.: Mir ist es wichtig, dass Themen wie Tod, Depression, Selbstzweifel etc. nicht verschwiegen werden. Oft gehen Depressionen schon im Jugendalter los und gerade in dem Alter kann der Austausch über solche Themen und lehrreiche Methoden goldwert sein. Denn gerade in den jungen Jahren fühlt man sich oft allein und unverstanden. Ich empfehle das Buch allerdings erst ab 14 oder gar 16 – je nach Vorgeschichte und Austausch mit Erwachsenen. (Siehe Triggerwarnung im Vorwort)

F.: Die Idee zu „Friends of Death“ hattest Du mit 16 Jahren, wieso hast Du Dich dafür entschieden, diese auszuarbeiten?
E.: Ein Erlebnis mit einem Kollegen brachte mich später dazu, diese Idee in einen Roman umzuwandeln.Meinem Kollegen konnte ich damals mit einigen Worten, die ich selbst gerne während meiner dunklen Momente gehört hätte, helfen. Darum war ich motiviert, dieses Buch zu schreiben, um vielleicht auch anderen Menschen zu helfen oder ggf. zu inspirieren. Vielleicht auch einfach nur um Verständnis zu erzeugen für Depressionen und Trauer.

F.: Ich finde das alles großartig, denn selbst heute werden solche Gefühle, Krankheiten und Gedanken zu selten oder lasch fokussiert. Hast Du mit diesen Themen selbst Erfahrungen?
E.: Ja. Im Alter von zehn bis sechzehn Jahren, wurde ich oft gehänselt und klein gemacht. Dadurch begannen die Selbstzweifel und sogar Selbsthass. Ich wurde depressiv, fühlte mich allein und konnte mit den Worten und mitunter Taten Anderer nicht umgehen. Ich dachte, es läge an mir. Ich glaubte ihnen. Konnte mir keine Hilfe suchen. Stattdessen zog ich mich immer mehr in mich selbst zurück, begann zu schreiben und das half. Mit fünfzehn/sechzehn lernte ich auch darüber zu reden. Belas/informierte mich und fand gute Methoden mein inneres Gleichgewicht zu erreichen.

F.: Vielen Dank für diese Offenheit. Es ist bewundernswert, dass Du etwas gefunden hast, dass Dir hilft. Aber war es schwer, eben diese Geschichte, mit all Deiner Erfahrung und der Trauer, dem Schmerz, die in dem Roman liegen, zu schreiben?
E.: Einige Szenen waren extrem schwer. Bei einigen Worten von Lia konnte ich nur heulen, weil es etwas in mir rührte. Zudem noch Jays Verlust … man könnte ja meinen, wenn man es selber schreibt, denkt man sich seinen Teil dazu und weiß genau, wieso und warum man die Worte wählt. Tatsächlich fließen die Worte meist einfach nur aus mir heraus. Wenn man dann überarbeitet und sie wieder liest, ist man mitunter selbst überrascht.

F.: Brauchtest Du, nachdem das Manuskript fertig war, Abstand?
E.: Oh ja, den brauchte ich. 2018 schrieb ich den Roman. Damals hatte ich wieder (seit wirklich langem) ein enormes emotionales Tief erreicht und es half mir, mein Gefühlsleben zu verarbeiten. Erst 2020 überarbeitete ich die Geschichte von Lia und Jay, gab ihr den letzten Feinschliff. Und selbst dann weinte ich noch.

F.: In FoD geht es auch darum, seinen persönlichen Anker, seinen Halt zu suchen und zu finden … Hast Du Deinen gefunden?
E.: Tatsächlich hatte ich in der Rohfassung die Prämisse: Du kannst deinen Halt nur in dir finden. Denn ich habe ihn in mir gefunden. In meinem Leben und so, wie ich es lebe. Ich weiß, was ich will, ich ziehe es durch und ich versuche partout nicht eine Situation wie aus 2018 zu geraten. Damals habe ich nicht in mich hinein gehorcht. Ich merkte, dass es mir nicht gut ging. Aber ich redete es mir immer und immer wieder schön. Versuchte „mich zusammen zu reißen“. Weil man muss ja Geld verdienen.
⚠️ Leute, tut euch so was niemals an! Wenn euch etwas nicht gefällt, seht hin und tut etwas dagegen! ⚠ Ich tat es ! Es war keine richtige Kurzschlussreaktion, aber ich warf innerhalb eines Monats meinen Job hin, hatte nichts neues und ging auf volles Risiko – einfach, weil ich es super nötig hatte! Es war die beste Entscheidung überhaupt! Denn ich fand einen Job, bei dem ich mich nicht jeden Tag verbiegen muss. Und genau darum geht es: Findet euren eigenen Weg und schämt euch für nichts! Lasst euch nicht bequatschen, sondern lebt und liebt wie ihr es für richtig haltet! Sorry, aber Scheiß auf die anderen! (Alles natürlich ohne andere zu verletzten.

F.: 👏 Wow! Leidenschaft, Inbrunst- gut gebrüllt! Der Romance Roman spielt in London, was verbindest Du mit diesem Land?
E.: Oh, ich liebe Großbritannien. Es ist mein Lieblingsland. Es bedeutet für mich Freiheit. Besonders London hat es mir angetan. Die Musik, die Läden, die Leute, die Pubs – all das findet ihr im Buch wieder ^^ 2018 reiste ich dorthin, daher war es nie eine Frage für mich, wo FoD spielen könnte.

F.: Abgesehen von der Thematik an sich, was waren die Schwierigkeit in diesem Roman, vielleicht auch im Unterschied zu Fantasy?
E.: Die sensiblen Themen waren auch die schwersten. Denn Depressionen, Trauer und auch Krebsbehandlungen/ Chemo – sind sehr individuell, wie ich auch durch Recherchen lernen musste. Was für mich sehr verständlich war, weil erlebt oder durch Bekannte und Freunde mitbekommen, musste für meine Testleser noch lange nicht nachvollziehbar sein, weil sie einfach andere Erfahrungen gemacht haben. Bei Fantasy ist es meist das Magiesystem oder das Worldbuilding, das man gut rüberbringen muss. Das ist allerdings fiktiv, man erstellt die Regeln selbst. Diesmal musste ich reale Dinge so rüberbringen, dass sich jeder gut aufgehoben fühlt. Ich hoffe, dass ist mir gelungen!

F.: Es ist ein guter Zeitpunkt um Dich nach Deinem Lebensmotto zu fragen!
E.: Hm, ein richtiges Lebensmotto habe ich nicht, aber: „Lebe, ohne zu bereuen“ – trifft es wahrscheinlich am ehesten. Und damit meine ich nicht nur Taten, sondern auch Worte. Man sollte bewusst leben. Sich seiner selbst bewusst sein, aber auch seine Mitmenschen bewusst wahrnehmen. Immer das beste aus dem Leben machen und das beste geben, was man kann. Denn mit Egoismus und ohne Empathie ist niemandem geholfen.

F.: Das ist wohl eines der tiefsinnigsten Gespräche, die ich je geführt habe. Nervennahrung???
E.: Meine liebste Nervennahrung ist Käsekuchen 😃 Ansonsten Chips 😃

F.: Quaaaaaark liebe ich auch. ☺ Neue Projekte?
E.: Ich glaube, die nächsten zwei Jahre bin ich noch dabei meine Fantasy-Reihe fertig zu schreiben 😃 Es gibt vier Teile und erst zwei sind veröffentlicht. Aktuell sitze ich an „Aderunita – Der Elfenbaum“ und plotte parallel Teil 4. Aber da tanzen auch noch andere Ideen in meinem Kopf herum, zu denen ich noch nichts verraten möchte.

F.: Jaja, immer Andeutungen machen, das könnt ihr gut. 😆 Was bedeutet Dir das alles, Schriftstellerin zu sein?
E.: Autorin zu sein, füllt mich aus. Ich liebe es und kann mir ein Leben ohne das Schreiben nicht vorstellen. Es macht mich stolz, es durchgezogen zu haben und auch weiter durchzuziehen, Bücher zu veröffentlichen.

F.: Mannomannoman. Vielen Dank für das Vertrauen, die Offenheit, hoffentlich bis bald. Alles, alles Gute.